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Stärke dein Selbstbewusstsein: Warum du aufhören musst, dich ständig zu entschuldigen.


Mehr Respekt im Job: Hör auf, Dich für Dinge zu entschuldigen, für die Du nichts kannst.


Ich war einmal zu einem Abendessen bei Freunden eingeladen. Draussen regnete es in Strömen. Ich hatte den Regenschirm zu Hause gelassen. Ich war mir sicher, dass es schon bald aufhören würde zu regnen. Aber das tat es nicht – im Gegenteil. Der Regen hatte zugelegt, so sehr, dass ich aussah, als ob ich direkt aus der Wäschetrommel kommen würde.


Als meine Gastgeberin, Sylvie, mir die Türe öffnete und sah, wie nass ich war, entschuldigte sie sich gleich als aller erstes bei mir. Sie erklärte mir, wie Leid es ihr täte, dass es draussen so fest regnet. Frank, ihr Ehemann hingegen, der gleich neben ihr am Eingang stand, sagte mit bestimmter und etwas herablassender Stimme: «Schon mal was von einem Regenschirm gehört?»


Das waren zwei unterschiedliche Arten, mich herzlich willkommen zu heissen.


Die Frage ist jedoch berechtigt: Wieso sollte Sylvie sich bei mir für den Regen entschuldigen? Schliesslich konnte sie ja nichts dafür, dass es regnete.


Sylvie ist klug. Sie weiss, dass sie das Wetter nicht beeinflussen kann. Also musste ihre Entschuldigung einen anderen Grund haben. In Wirklichkeit hat sich meine Gastgeberin nicht für den Regen entschuldigt, sondern wollte mir damit ihr Mitgefühl ausdrücken. Sie wusste, wie unangenehm es für mich sein musste, in durchnässten Kleidern anzukommen. Die Entschuldigung diente als Mittel, um Empathie zu zeigen – ein Kommunikations-Code, um eine emotionale Verbindung zu mir herzustellen.


Auch Frank, ihr Ehemann, war auf seine Weise mir gegenüber empathisch, jedoch mit anderen Worten und Gesten. Sein Mitgefühl drückte sich weniger emotional aus, sondern zeigte sich viel mehr darin, mir eine Lösung für ein Problem anzubieten: «Es regnet, du bist nass (Problem). Benutze das nächste mal einen Regenschirm (Lösung).» Er meinte dasselbe wie Sylvie, benutze aber einen anderen Kommunikations-Code. Beide waren auf ihre eigene Weise hilfreich und entgegenkommend. Beide drückten es jedoch mit einem unterschiedlichen Kommunikationsstil aus.



Zwei unterschiedliche Sprech-Codes


Genauso unterschiedlich wie meine beiden Freunde Frank und Sylvie sind, gibt es auch zwei unterschiedliche Arten von Menschen, mit denen du es im Leben zu tun hast. Die eine Art ist wie Sylvie – sie entschuldigt sich häufig für Dinge, für die es eigentlich keinen Grund zur Entschuldigung gibt. Diese Menschen hören auch das, was du nicht direkt sagst. Selbst wenn deine Worte das Gemeinte nur indirekt ausdrücken, verstehen sie trotzdem, was du zwischen den Zeilen vermitteln möchtest. So wie Sylvie, die sich zwar für den Regen bei mir entschuldigt, mir damit aber etwas ganz anderes mitteilen will.


Die zweite Art von Menschen ist genau das Gegenteil. Sie sind weder besser noch schlechter, sondern einfach anders. Sie sprechen eine direktere Sprache, so wie mein Freund Frank. Diese Menschen meinen genau das, was sie wörtlich sagen. Ebenso interpretieren sie deine Aussagen genauso direkt und wörtlich. Es fällt ihnen schwer nachzuvollziehen, dass jemand vielleicht etwas anderes meint, als das, was die Worte vermitteln. Sie verwenden nicht denselben «Sprech-Code» wie Sylvie, sondern einen eigenen, der sich an anderen Regeln orientiert und daher zu einer anderen Deutung führt.


Und genau hier liegt das Problem: Entschuldigungen, die keine echten Entschuldigungen sind, wirken bei diesen Menschen wie Absicherungen, was leicht zu Missverständnissen führen kann.



Wie du mit einer unnötigen Entschuldigung Respekt und Kompetenz einbüsst.


Stell dir vor, du kommunizierst wie Sylvie. Wenn ich denselben Kommunikationsstil wie sie benutze, erkenne ich ohne Probleme, dass ihre Entschuldigung eher eine Zugehörigkeitsbotschaft ist – ein Versuch, sich emotional mit mir zu verbinden. Doch was passiert, wenn ich einen anderen Kommunikations-Code verwende? In solchen Fällen kann es leicht zu Missverständnissen kommen, insbesondere in formellen Kontexten wie einem Business-Meeting.


Denn gerade hier treten solche Entschuldigungen oft in vielen versteckten Formen auf, die uns vielleicht gar nicht bewusst sind. Ein klassisches Beispiel ist, wenn jemand in einem Meeting eine unnötige Floskel voranstellt, wie: «Das ist jetzt vielleicht eine dumme Frage, aber …» und erst dann die eigentliche Frage stellt. Oder wenn jemand sagt: «Wahrscheinlich habt ihr schon selbst daran gedacht, aber …» bevor er oder sie den eigenen Beitrag leistet.


Es gibt unzählige solcher Phrasen:


«Ich bin mir nicht sicher, ob das wichtig ist, aber …»

«Das mag jetzt blöd klingen, aber …»

«Entschuldigt, falls das schon jemand gesagt hat, aber …»

«Ich bin keine Expertin, aber …»

«Das ist vielleicht nicht relevant, aber …»

«Sorry, wenn ich unterbreche, aber …»

«Vielleicht sehe ich das falsch, aber …»


Und so weiter und so fort.


Phrasen wie diese funktionieren wie indirekte Entschuldigungen, indem sie den Sprecher «absichern» und potenziellen Konflikten oder Missverständnissen vorbeugen sollen. Sie entschuldigen quasi im Voraus dafür, dass die folgende Aussage möglicherweise nicht vollständig korrekt, relevant oder willkommen ist.


Diese unnötigen Hinweise bezeichnen manche Leute auch als «Weichspüler», weil sie genau das tun: Sie spülen den Kern der Aussage weich. Womit sie die Botschaft der Aussage schwächen, noch bevor sie überhaupt gemacht wird.


Solche Aussagen können schnell den Eindruck erwecken, dass eine Person nicht voll hinter ihrer Meinung steht. Damit vermittelt sie unbewusst, dass ihr Beitrag weniger wertvoll oder durchdacht ist, selbst wenn er eigentlich relevant und wichtig ist.



Wenn Empathie zu Missverständnis führt.


Nur mal als Beispiel. Stell dir vor, meine beiden erwähnten Gastgeber und Freunde, Sylvie und Frank, wären nicht miteinander verheiratet, sondern hätten nur geschäftlich miteinander zu tun. Sylvie sagt jetzt in einem Meeting etwas wie: «Vielleicht irre ich mich, aber …» und bringt erst danach ihren eigentlichen Beitrag.


Nun ist Frank ebenfalls in dieser Meeting-Runde und Sylvies Chef. In solchen Situationen passiert oft eines von zwei Dingen:


Das erste Szenario:

Frank hört ihr aufmerksam zu, beginnt jedoch an Sylvie zu zweifeln. Er denkt sich: «Sie klingt unsicher. Ansonsten würde sie so etwas nicht sagen. Und wenn sie selbst schon glaubt, falsch zu liegen, warum sollten wir unnötig Zeit mit Spekulationen vergeuden?» Also ignoriert er ihren Beitrag und geht zum nächsten Traktandum über. Sylvie macht die Faust im Sack, weil sie sich übergangen fühlt.


Das zweite Szenario:

Frank hört ihr ebenfalls aufmerksam zu und denkt: «Ah, sie ist unsicher und braucht Unterstützung. Sie möchte, dass jemand in der Runde ihr erklärt, wie die Sachlage tatsächlich ist.» Daraufhin unterbricht er sie, weil er glaubt, dass Sylvies Vorschub eigentlich ein Hilferuf ist. Also bietet er ihr seine fachkundige Unterstützung an, die jedoch bei Sylvie auf Unmut trifft, weil sie nun das Gefühl hat, «von oben herab» belehrt zu werden.


Solche Reaktionen entstehen oftmals nicht aus Böswilligkeit oder Vorurteilen, sondern schlicht aus einem Missverständnis. Es handelt es sich um einen klassischen Übersetzungsfehler.


Sylvies Vorschub «Vielleicht irre ich mich» entsteht nicht unbedingt aus Unsicherheit oder der Angst, falsch zu liegen. Ihre Absicht liegt tiefer. Sylvie wurde durch ihren eigenen Kommunikationsstil geprägt, der ihr vermittelt hat, dass solche Vorabentschuldigungen als Form der Rücksichtnahme gelten. Sie will damit vermeiden, den Raum oder die Aufmerksamkeit vollständig an sich zu reissen.


Der Hinweis, dass sie sich vielleicht irren könnte, ist weniger eine Aussage über ihren tatsächlichen Wissensstand und mehr eine subtile Einladung an die anderen, ihren Beitrag als eine von vielen Optionen zu betrachten. Sie möchte ihren Input einbringen, ohne den Anspruch zu erheben, im Mittelpunkt zu stehen oder als dominant wahrgenommen zu werden. Ein solcher Vorschub dient eher dazu, den anderen Gesprächsteilnehmern Raum zu geben und signalisiert Bescheidenheit, selbst wenn sie sich ihrer Meinung durchaus sicher ist.


Solche Missverständnisse, bzw. «Übersetzungsfehler» sind an der Tagesordnung. Daher müssen wir uns bewusst machen, warum Entschuldigungen oder Absicherungen dieser Art nicht angebracht sind.



Was es bedeutet, sich zu entschuldigen.


Per Definition ist jede Entschuldigung das Eingeständnis eines Fehlers oder die Übernahme der Verantwortung für ein Missgeschick. Mit anderen Worten, deine Entschuldigung ist wirklich nur dann angebracht, wenn du direkt oder indirekt für eine Situation verantwortlich bist oder einen negativen Einfluss darauf hattest. Deine Entschuldigung ist somit immer ein Eingeständnis, dass etwas nicht hätte passieren sollen oder dass es anders hätte gehandhabt werden können. Das setzt jedoch voraus, dass das – wofür du dich auch immer entschuldigst – tatsächlich in deiner Macht und Kontrolle liegt. Weshalb es ja auch keinen Sinn macht, sich für den Regen zu entschuldigen.


Wenn du also ungerechtfertigte Entschuldigungen äusserst, so kann das schnell mal deine Autorität und Glaubwürdigkeit untergraben, was dann sowohl deine Rolle wie auch deinen Einfluss schwächen kann. Wenn du dich nämlich ständig für Dinge entschuldigst, die ausserhalb deiner Kontrolle liegen, könnte das den Eindruck erwecken, dass du die Verantwortung für alles übernimmst, selbst wenn es nicht notwendig ist.



Woher kommt die Wahrnehmung, dass man weniger kompetent wirkt, wenn man sich ständig entschuldigt?


Dieses Verhalten kann die Wahrnehmung entstehen lassen, dass du Schwierigkeiten hast, zwischen Situationen zu unterscheiden, in denen eine Entschuldigung angebracht ist, und solchen, in denen sie überflüssig ist. Es könnte wirken, als würdest du jedes Problem als gleich schwerwiegend betrachten und somit keine Prioritäten setzen können.


In der Folge könnten andere glauben, dass du in stressigen oder kritischen Momenten nicht sicher einschätzen kannst, welche Handlungen erforderlich sind. Das könnte durchaus Zweifel an deiner Kompetenz aufkommen lassen und den Eindruck verstärken, dass du unsicher bist, was wiederum die Bereitschaft anderer, dir Verantwortung zu übertragen oder dir zu vertrauen, mindern kann.


Und so entsteht ein Teufelskreis: Das Misstrauen, das andere dir gegenüber entwickeln, beginnt, dein Selbstbewusstsein zu untergraben. Diese Unsicherheit wird nach und nach zur Gewohnheit, wodurch du dich immer häufiger für Dinge entschuldigst, die nicht in deiner Verantwortung liegen. Jede Entschuldigung verstärkt deine Selbstzweifel und nährt das Gefühl, nicht gut genug zu sein.



Wie bekommst du diesen Entschuldigungsreflex in den Griff?


Jeder Kommunikationsstil hat seine Vor- und Nachteile. Jeder von uns spricht auf die Weise, wie der eigene Code ihn oder sie geprägt hat. Sylvie hat ihre kommunikativen Reflexe, Frank hat die seinigen.


Aber wenn du dich selbst zu jenen Menschen zählst, wie Sylvie, die häufig diesem Enschuldigungsreflex verfallen und diesen Reflex besser in den Griff bekommen möchtest, so liegt der erste Schritt darin, dir bewusst zu machen, wie oft du dich entschuldigst oder absicherst. Notiere dir, wann und in welchen Situationen du diese Phrasen verwendest. Dadurch lässt sich mit Gewissheit ein Muster erkennen.


Der zweite Schritt ist, wenn du wieder einen Impuls verspürst, dich entschuldigen oder absichern zu wollen, erlaube dir eine kurze Pause und frage dich, ob es tatsächlich angebracht und notwendig ist. In den meisten Fällen wirst du merken, dass das nicht zutrifft. Wenn du dir eines solchen Momentes gewahr wirst, dann kommt der dritte Schritt.


Ersetze negative oder unsichere Phrasen durch positive, stärkere Formulierungen. Zum Beispiel:


Anstelle von «Ich bin keine Expertin, aber…» könntest du sagen: «… Aus meiner Erfahrung …».


Statt «Vielleicht irre ich mich, aber…» sagst du: «Meiner Meinung nach…».


Statt «Das ist jetzt vielleicht eine dumme Frage, aber…» sagst du: «Ich möchte gern klären, ob…».


Statt «Wahrscheinlich habt ihr schon daran gedacht, aber…» sagst du: «Ich möchte diesen Punkt hervorheben…»


Wenn du dir diesen kurzen Moment der Pause erlaubst, dann wirst du zu jeder Entschuldigung, beziehungsweise Absicherung, eine positive Möglichkeit finden, sie so umzuformulieren, dass es deine Aussage stärkt und nicht schwächt.



 

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