top of page

Passive Aggressivität am Arbeitsplatz und was man darüber wissen sollte

Passive Aggressivität ist vermutlich eines der lästigsten Dinge, die am Arbeitsplatz passieren können. Es ist eine Verhaltensweise, die Energie, Reputation, Zeit, Geld und andere Ressourcen kosten kann. Und es schlägt auf das Gemüt und die Gesundheit, insbesondere, wenn man selbst zur Zielperson einer passiven Aggressivität wird.


Passive Aggressivität am Arbeitsplatz und was man darüber wissen sollte

Was ist passive Aggressivität?

Aggressivität ist nicht nur einfach Aggressivität. Sie kommt in unterschiedlichen Formen, Dimensionen und Strategien daher. Im geschäftlichen Umfeld sprechen die Menschen in der Regel einfach nur von Aggressivität. Damit gemeint ist jedoch in der Regel die aktive Aggressivität, die öfter thematisiert wird als die passive. Zu dieser gehören beispielsweise Machtspiele, Dominanzgebaren, Verwendung von Killerphrasen, persönliche Angriffe, Beleidigungen, sexistische Bemerkungen, unangebrachte Witze und so weiter. Während diese aktive Aggressivitätimmer erkennbar ist, weil sie offen und direkt stattfindet, handelt es sich bei der passiven Aggressivität um ein etwas komplexeres Gebilde, da diese eben nicht direkt erkennbar ist, sondern nur indirekt. Und weil die aktive Aggressivität so offenkundig greifbar und für jeden sicht- und hörbar ist, wird sie im Firmenkontext automatisch auch viel häufiger zum Gesprächsgegenstand gemacht. Aber nur weil diese Form der Aggressivität laut und erkennbar daherkommt, sollte man sich dennoch nicht täuschen lassen, was vergleichsweise dazu die passive Aggressivität anrichten kann.


Es lohnt sich genauer hinzuschauen, wo überall passive Aggressivität stattfindet und in welcher Art sie sich bemerkbar macht. Denn diese Aggression kann viel weitreichender sein und je nach Umständen eine ganze Firmenkultur vergiften. Der Schaden, den sie anrichten kann, ist enorm und die Konsequenzen für das Unternehmen kaum zu unterschätzen: Geringere Produktivität, schlechte Kommunikation, sinkende Arbeitsmoral, toxisches Umfeld, vermindertes Vertrauen, schlechte Zusammenarbeit und natürlich auch unzufriedene Kunden. All das kann wirklich frustrierend und zermürbend werden, sowohl für die Zielpersonen einer solchen passiven Aggressivität, wie aber auch für die Führungskräfte, die den daraus entstehenden Scherbenhaufen aufräumen müssen.


Hier sind ein paar Beispiele, die für typisch passiv-aggressives Verhalten bekannt sind:

  • Aufschieberitis: Bewusstes Hinauszögern oder Aufschieben von Aufgaben oder Verantwortlichkeiten, um sie zu vermeiden oder zu unterlaufen.

  • Sarkasmus: Verwendung einer sarkastischen oder ironischen Sprache, um Kritik oder Verärgerung in einer Weise auszudrücken, die nicht offen feindselig ist.

  • Vorenthalten: Die Verweigerung der Weitergabe von wichtigen Informationen, Ressourcen oder Unterstützung als Mittel zur Bestrafung oder Kontrolle anderer Personen.

  • Entziehen von Zuneigung oder Aufmerksamkeit: Bewusste Distanz herstellen oder Vernachlässigung, ebenfalls als ein Mittel der Bestrafung und emotionalen Kontrolle über andere.

  • Sabotage: Beeinträchtigung oder Untergrabung der Bemühungen anderer Leute, um damit selbst ein persönliches Ziel zu erreichen.

  • Falsche Anschuldigungen: Die Verantwortung für eigene Fehler oder Probleme auf andere abschieben, anstatt sie selbst zu übernehmen.

  • Schuldgefühle wecken: Manipulation anderer durch moralische Appelle an ihr Schuld- oder Pflichtgefühl.

  • Sich bei Dritten beschweren: Unzufriedenheit oder Frustration passiv zum Ausdruck bringen, anstatt sich direkt mit dem Problem und der betroffenen Person auseinanderzusetzen.

  • Subtile Herabsetzungen: Abfällige aber kaschierte Bemerkungen über die Arbeit anderer machen.

  • Leugnen: Sich weigern, die Verantwortung für die eigenen Handlungen oder das eigene Verhalten anzuerkennen oder zu übernehmen.

  • Heuchelei: Sich verstellen, um nicht die wahren Gefühle und Ansichten zu einem Thema oder Person zu äusseren (Gute Miene zum bösen Spiel machen).

  • Aggression als Scherz tarnen: Verwendung von Humor oder Verspieltheit, um feindselige oder aggressive Absichten zu verbergen.

  • Aggression als Besorgnis tarnen: Vorgeben, sich um jemanden zu sorgen oder besorgt zu sein, um dessen Verhalten zu manipulieren oder zu kontrollieren.

  • Sich verschliessen: Sich weigern zu kommunizieren oder sich an Diskussionen zu beteiligen, um einen Konflikt oder eine Lösung zu vermeiden.

  • Unaufrichtige Entschuldigungen: Sich für ein Vergehen entschuldigen und gleichzeitig seinen Unmut oder Unglauben darüber zum Ausdruck bringen, dass dies notwendig war.

  • Gerüchte verbreiten: Andere in ihrem Ansehen schädigen und durch unwahre Geschichten in Verruf bringen oder Zweifel über deren Integrität aufkommen lassen.

Die Anzeichen für passive Aggressivität am Arbeitsplatz

Diese Liste ist nicht abschliessend. Aber sie zeigt, wie weitreichend das Netz passiver Aggressivität sein kann. Schaut man sich diese Liste an, wissen die allermeisten, wovon hier die Rede ist, weil jeder von uns schon solche Formen der passiven Aggressivität irgendwo erlebt hat. Fakt jedoch ist, die Anzeichen am Arbeitsplatz sind oft subtil und nur schwer erkennbar. In der Regel erkennt man sie erst, wenn es zu spät ist – was mehrere Gründe haben kann.


Zum einen: Selbst wenn man in einem frühen Stadium feststellt, dass man das Ziel einer passiven Aggressivität ist, bleiben viele erst einmal vorsichtig, weil sie den mutmasslichen Aggressor nicht vor den Kopf stossen wollen, indem sie diesen womöglich fälschlicherweise für etwas beschuldigen, was er oder sie vielleicht doch nicht getan hat. Es fehlt noch der «eindeutige Beweis». Also denken sich viele, warten wir lieber mal ab und behalten das Ganze im Auge. Das Perverse daran ist nur, dass gerade dieses Zögern wiederum eine Form der passiven Aggression ist.


Zum anderen: Die passive Aggressivität will einfach nicht entdeckt und auch nicht erkannt werden. Sie will nur den Schaden aus dem Verborgenen «geniessen». Daher werden Spinnweben nicht selten so verstrickt verwoben, dass es im Falle einer möglichen Anschuldigung zum Kollateralschaden kommen kann und unterschiedliche Menschen dabei gegeneinander ausgespielt werden.


Hinzu kommt, dass die Kommunikation über Technologien wie E-Mails, Textnachrichten oder soziale Medien, zusätzliche Erschwernisse bringen. Nämlich in der Form, dass verschlüsselte Botschaften versendet werden. Also Kommunikation eher vermieden, als dass sie durch diese Technologie gefördert wird. Zum Beispiel, indem man vielleicht gar nicht erst auf E-Mails oder Textnachrichten antwortet und sie ignoriert. Oder: Sich besonders kryptisch ausdrückt, um bewusst Mehrdeutigkeit in den Raum zu stellen, die potenzielle Missverständnisse provozieren sollen. Oder: Bei wichtigen E-Mails ganz bewusst einzelne Personen nicht in den Verteiler nimmt.



Warum greifen Menschen überhaupt zu passiver Aggression?

Schwierig zu sagen, denn dazu müsste man alle Menschen kennen und die jeweiligen Situationen verstehen, in denen sie sich befinden.


Aber es gibt dennoch Erklärungsmöglichkeiten, um sich darüber mehr Klarheit zu verschaffen, warum jemand eher zu aktiver, respektive passiver Aggressivität neigt. Stichwort: Asymmetrische und symmetrische Kommunikation. Da ich bereits an anderer Stelle auf die Unterschiede zwischen symmetrischer (horizontaler) und asymmetrischer (vertikaler) Kommunikation eingegangen bin, möchte ich hier eine Wiederholung vermeiden und nicht vertiefter darauf eingehen.


Fakt jedoch ist, dass vertikal auftretende Menschen, eher hierarchisch geprägt sind und ein territoriales Verhalten an den Tag legen. Das ist an sich erst mal nichts Negatives. Aber der Kommunikationsstil ist tendenziell konfrontativ, daher sind diese Leute im Falle einer Aggression auch eher dazu geneigt, sie ganz offen und direkt auszusprechen. Wenn Status und Hierarchie die Hauptantreiber in diesem vertikalen Kommunikationssystem sind, ist es nur eine logische Konsequenz, dass jegliche Form der Aggressivität als Teil ihrer Machtdemonstration verstanden werden muss. Die öffentliche Zurschaustellung ihres «Angriffs» macht also erst den besonderen Reiz aus, weil es den beteiligten «Zuschauern» die Gelegenheit bieten soll, zu sehen, wer denn hier das Sagen hat. Natürlich können solche Frontalattacken besonders unangenehm für die Zielperson werden, aber immerhin weiss man in solch einem Fall, womit und vor allem mit wem man es zu tun hat, und kann auch entsprechend Stellung beziehen und dagegen vorgehen.


Ganz anders jene Menschen, die im horizontalen Sprachsystem angesiedelt sind, die ein gegenteiliges Verhalten zeigen. Ihre Kommunikationsweise ist auf Gleichheit und Bindungausgerichtet. Sie ist vorwiegend indirekt, weil dieses Kommunikationssystem sich nicht in den Vordergrund drängen und schon gar nicht andere blossstellen will. Dieses System berücksichtigt besonders die Bedürfnisse und Empfindungen der anderen. Dazu ist es nun mal notwendig, Konfrontationen möglichst zu vermeiden. Auch das ist an sich nichts Negatives. Aber auch dieses Sprachsystem hat selbstverständlich ihre Schattenseiten. Beim Aufkommen negativer Gefühle, wie beispielsweise Wut oder Unmut, gibt es auch hier (wie bei den Vertikalen) eine logische Konsequenz dieser Schattenseite, nämlich, dass sich die Aggressivität der Horizontalen auf ebenso indirekte und passive Weise manifestiert. Sie will nicht nicht in Erscheinung treten. Sie will sich nicht in den Vordergrund drängen. Sie will nicht die direkte Konfrontation austragen müssen.


Etwas pathetischer formuliert: Die Waffe des vertikalen Systems ist das «Schwert». Das Schwert ist etwas, was man kommen sieht. Diese Waffe ist schnell, rabiat, brutal und frontal. Wenn man schnell reagiert und sich zu wehren versteht, hat man eine reelle Chance etwas dagegen zu tun.

Die Waffe des horizontalen Systems hingegen ist das «Gift». Das ist etwas, das man nicht wirklich kommen sieht. Anders wie beim Schwert, ist das Gift eine Waffe, die stets indirekt und über Umwege ihr Ziel erreicht. Das Gift braucht eine gewisse Zeit, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Es passiert nur langsam und im Verborgenen. Es bahnt sich seinen Weg durch ein komplexes System und das Opfer bemerkt es meistens erst, wenn der Schaden bereits angerichtet ist.


Es ist, wie es ist. Jede besondere Stärke im jeweiligen System hat unweigerlich auch ihre besonderen Schattenseiten, und es ist nun mal der Kontext, der mit darüber entscheidet, was, wann, wo und wie mehr Sinn macht. Das Eine ist nicht unweigerlich besser als das Andere.


Wie man mit passiver Aggressivität am Arbeitsplatz umgeht

Eine pauschale Antwort darauf kann es nicht geben. Denn wir müssen uns vor Augen halten, dass es sich hierbei immer um ein Verhalten handelt, das einen indirekten Ausdruck von Gefühlen beinhaltet und dadurch auch kontextabhängig viele verschiedene Formen annehmen kann. Einige Strategien, die bei der Abwehr aktiver Aggression erfolgreich sein können, funktionieren nicht zwangsläufig auch bei einer passiven Aggressivität. Und umgekehrt. Man muss also schon wissen, womit man es zu tun hat, um hier möglichst effektiv vorgehen zu können.


Je nach Rollen, Befugnisse, Verantwortungen und Kontext kann es hilfreich sein, folgende Strategien zu berücksichtigen.


  • Direktes Ansprechen: Wenn Du von passiver Aggression betroffen bist, ist es wichtig, sie direkt und in Ruhe anzusprechen. Versuche ein Gespräch mit der Person zu führen, um ihre Absichten und Gefühle zu klären. Dabei ist es natürlich entscheidend, wie Du das tust. Es ist hilfreich, eine möglichst bewertungsfreie Sprache zu verwenden und vor allem Beobachtungen zu adressieren. So fühlt sich die Person nicht gleich mit dem Rücken zur Wand und die Emotionen können gleichzeitig entschärft werden.

  • Keine Eskalation zulassen: Es ist wichtig, passive Aggression im Keim zu ersticken, bevor sie eskalieren kann. Da hilft einerseits direktes Ansprechen, wie erwähnt, andererseits muss man es unter Umständen wiederholt versuchen, je nach Situation. Aber lieber einmal mehr und zu früh, als dass es dann womöglich zu spät ist und der Schaden irreparabel.

  • «Nimm es persönlich!»: Das mag jetzt vielleicht kontra-intuitiv erscheinen, denn üblicherweise hört man den Rat, es nicht persönlich zu nehmen, um damit einen möglichst kühlen Kopf zu bewahren. Das trifft aus meiner Erfahrung sicherlich bei der aktiven Aggressivität zu, aber nicht bei der passiven. Bei der passiven Aggressivität können wir meistens davon ausgehen, dass die Aggression persönlicher Natur ist. Es persönlich zu nehmen, birgt selbstverständlich das Risiko unprofessionell zu handeln, weil emotional. Andererseits bringt es auch Vorteile. Zum einen, wenn es um die eigene Person geht, ist Zögern keine Option. Man will schliesslich die Dinge möglichst schnell geregelt und vom Tisch haben. Zum anderen, man nimmt die Angelegenheit ernst genug, um überhaupt tätig zu werden.

  • Suche Dir Unterstützung: Wenn Du Schwierigkeiten hast, allein mit passiver Aggression umzugehen, solltest Du Dich an einen Vorgesetzten, einen Vertreter der Personalabteilung oder einen professionellen Berater wenden. Klar, einige mögen jetzt die Nase rümpfen, weil das Herbeiziehen einer dritten Partei ja auch irgendwie eine Form indirekter Aggressivität ist. Schliesslich will man das Problem alleine lösen können. Aber je nach Umständen und Kontext ist es hilfreich, sich abzusichern und die Verantwortlichkeiten eines Konfliktes den entsprechenden Rollen zuzuweisen.

Wie gesagt, passive Aggression in den Griff zu bekommen ist mühsam und schwierig. Meiner Erfahrung nach funktioniert das direkte Ansprechen am Besten. Vorausgesetzt, man macht es, wie unter dem ersten Punkt beschrieben: Beobachtungen und keine Bewertungen verwenden.

Als Kommunikationstrainer stelle ich jedoch immer wieder fest, dass genau das für viele gar nicht so einfach ist. Wenn wir emotional involviert sind, reagieren wir mit unserer Sprache mehr reflexartig. Wir sind in diesem Fall eher geneigt, das Gegenüber zu ver-urteilen, anstatt in die Beobachtung zu gehen und den Sachverhalt entsprechend zu kommunizieren.


Aber das Gute ist, jeder kann das üben. Und wenn Du mehr erfahren möchtest, wie man diese Dinge in die Praxis umsetzt – für Dich selbst, Deine Firma oder Dein Team – dann freue ich mich über Deine Kontaktaufnahme.



 

Onlinekurs:

Wie man klare Grenzen zieht

und durch gezielte Konfrontation sich erfolgreich durchsetzt und kommuniziert.


Selbstvertrauen entwickeln, mehr Selbstbewusstsein schaffen.

 

bottom of page