
Es ist, wie Paul Watzlawick einmal sagte: Man kann nicht NICHT kommunizieren. Was wir sagen oder tun, hinterlässt immer einen Eindruck – ob wir es wollen oder nicht. Jede Kommunikation sendet eine Botschaft, nicht nur durch den Inhalt, sondern auch durch die Art und Weise, wie sie vermittelt wird.
Egal ob auf der tiefsten Hierarchieebene oder in den obersten Chefetagen, ob im virtuellen Meeting oder vor Ort im Büro – wir senden ständig Signale. Unsere Worte, unser Verhalten und selbst unser Schweigen sprechen für uns. Und oft sagen wir weit mehr, als uns bewusst ist – im Guten wie im Schlechten.
Dasselbe gilt für unser Schreiben, insbesondere für unsere E-Mails. Kaum ein anderes Kommunikationsmittel wird so unterschätzt und gleichzeitig so strategisch genutzt. Nirgendwo in der Geschäftswelt werden so viele Psychospielchen gespielt wie in der E-Mail-Korrespondenz.
Und genau darin liegt das Problem: Weil das Medium so einfach und schnell ist, nutzen wir es oft unüberlegt. Einmal getippt, einmal geklickt – schon ist die Nachricht raus. Keine Abstimmung, keine Reflexion. Je unkomplizierter ein Werkzeug ist, desto fahrlässiger wird oft der Umgang damit.
Der Klassiker: Warum Chefs nicht viele Worte brauchen.
Dass E-Mails kurz und prägnant sein sollten, hat sich längst herumgesprochen. Dennoch halten sich nur wenige daran. Im Frust vertraut mir neulich eine Kundin an: «Mein Chef schreibt nur deswegen keine langen E-Mails, weil er zu blöd ist, sich zu artikulieren.»
Doch ob kurz oder lang – die Länge einer E-Mail ist kein Mass für Intelligenz. Das eigentliche Problem mit langen E-Mails ist: Niemand liest sie. Deshalb sind kurze E-Mails die klügere Wahl.
E-Mails sind keine Unterhaltungstexte, sondern Informationstexte – ein entscheidender Unterschied. Seit der Erfindung von Google hat sich unser Leseverhalten drastisch verändert. Google hat uns darauf trainiert, mit Stichworten gezielt nach Informationen zu suchen.
Beim «Informationslesen» geht es nicht mehr um klassisches Lesen, sondern ums schnelle Finden. Dieses Verhalten übertragen wir unbewusst auch auf E-Mails. Ähnlich wie beim Googeln scannen wir den Text und suchen gezielt nach relevanten Informationen – und lesen nur das, was wir tatsächlich benötigen.
Wir lesen sämtliche Informationstexte tendenziell nach der gleichen Lesemethode: Wir haben alle ganz spezifische Interessengebiete, Bedürfnisse oder Notwendigkeiten. Und zu jedem dieser Interessengebiete, Bedürfnisse oder Notwendigkeiten haben wir unsere entsprechenden Suchwörter.
Der CEO hat dabei andere Suchwörter als der Projektleiter. Der Projektleiter wiederum andere als der Vertriebler und der Vertriebler nochmals andere als der Marketingmensch. Das bedeutet: Wenn du etwas von jemandem willst, solltest du genau wissen, wer dein Empfänger ist und welche Informationen für ihn relevant sind.
Bleibt jetzt noch immer die Frage offen, warum so mancher Chef sich kurz hält?
Das hat nichts damit zu tun, weil dieser grundsätzlich so beschäftigt ist. Die Antwort hat viel mehr mit Status-Wirkung zu tun: Weil ich wichtig bin, bin ich beschäftigt. Ergo, halte ich mich kurz.
Oder: Wer lange Emails schreibt, hat viel Zeit. Wer viel Zeit für lange E-Mails hat, kann nicht wichtig sein. Zumindest in der Wahrnehmung gewisser Leute.
Ob du es wahrhaben willst oder nicht, wenn es darum geht, ein gewisses Machtgefälle zum Empfänger der Korrespondenz herzustellen, dann sind lange Email-Texte nicht sehr hilfreich. Das Prinzip ist relativ einfach: Je weniger Worte, umso mehr «Boss». Je mehr Worte nötig sind, umso mehr «Hilfskraft».
Klingt zu arrogant?
Nein. Kürze hat nichts mit Arroganz zu tun. Umgekehrt machen lange Texte weder besonders sympathisch noch verleihen sie automatisch eine Aura der Kompetenz.
Der Profi: Wo sich die Spreu vom Weizen trennt.
E-Mails sind Informationstexte – aber nicht nur. Bevor wir auch nur eine Zeile schreiben, sollten wir uns klarmachen, was wir mit der E-Mail erreichen wollen: Informieren oder kommunizieren?
Diese Unterscheidung mag banal klingen, hat aber weitreichende Folgen. Viele ignorieren sie – und genau das ist ein Fehler.
Der Unterschied? Kommunikation verfolgt ein klares Ziel: Zustimmung. Wer schreibt, weil er etwas braucht, muss kommunizieren – und das so, dass die gewünschte Zustimmung erfolgt. Wer keine Zustimmung benötigt, informiert lediglich.
Profis kennen diesen Unterschied. Und nutzen ihn.
Wer Zustimmung benötigt, muss seine Kommunikation an den Empfänger anpassen. Entscheidend ist nicht nur der Inhalt, sondern vor allem die Frage: Wer liest diese E-Mail – und was soll er damit tun?
Der Fokus liegt also weniger auf dem, was gesagt wird, sondern darauf, für wen es bestimmt ist.
Jede empfangene E-Mail löst – bewusst oder unbewusst – drei zentrale Fragen aus:
Wer bist du? → Ist diese E-Mail relevant für mich?
Was willst du von mir? → Muss ich etwas tun, entscheiden oder nur zur Kenntnis nehmen?
Warum soll ich deine E-Mail lesen? → Ist der Inhalt für mich nützlich oder wertvoll?
Nur wenn diese Fragen schnell und klar beantwortet werden, wird eine E-Mail überhaupt ernst genommen – geschweige denn gelesen.
Deshalb gilt: Je besser du diese Fragen aus Sicht des Empfängers vorab beantwortest, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass deine E-Mail gelesen und deine Botschaft verstanden wird.
Der Erwachsene: Stoppt den CC-Wahn.
Adressatengerechte Kommunikation bedeutet nicht nur, die richtige Botschaft an den richtigen Empfänger zu senden – sondern auch zu wissen, wer überhaupt in den Verteiler gehört und wer nicht.
Kompetenz zeigt sich bereits darin, ob die richtigen Personen in einer E-Mail eingebunden sind. Doch in der Praxis sieht es oft anders aus: Lieber noch ein paar zusätzliche Namen in den CC setzen – nur zur Sicherheit. Schliesslich kann man nie wissen …
Aber Hand aufs Herz: Wer hat nicht schon einmal jemanden in den CC genommen, obwohl es eigentlich um etwas anderes ging?
Einer der häufigsten Gründe, die ich beobachte, ist die «Cover-My-Ass»-Mentalität: Hauptsache absichern. Die Strategie? Möglichst viele Leute «informieren», um später nicht zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach dem Motto:
«Ich habe euch alle informiert – keiner kann sagen, er wusste von nichts.»
Und dann gibt es noch die taktische Variante: Menschen in CC setzen, um Druck aufzubauen, Hierarchien zu demonstrieren oder Schuldfragen in eine bestimmte Richtung zu lenken. Besonders beliebt in Meetings, wenn jemand mit bedeutungsvoller Miene fragt:
«Sie waren im CC – haben Sie meine E-Mail etwa nicht gelesen?»
Doch damit nicht genug. Oft setzen wir auch den Chef völlig unnötig ins CC – nicht, weil es inhaltlich sinnvoll wäre, sondern um unsere eigene Existenz zu rechtfertigen. Eine subtile Botschaft soll mitschwingen: Seht her, ich arbeite an etwas Wichtigem! Ohne mich läuft hier gar nichts!
Besonders unangenehm sind jedoch jene, die den CC gezielt als Waffe einsetzen – nicht zur Information, sondern zur Blossstellung. Ihr Ziel? Kollegen öffentlich an die Wand fahren lassen.
Ein geschickt aufgeblähter E-Mail-Verteiler, der vermeintliche Fehler ins Rampenlicht rückt, ist dabei ein beliebtes Mittel. Und wenn der Gruppenverteiler versehentlich (!) mit reingenommen wird, um möglichst viele Zeugen zu haben – umso besser.
Tatsächlich macht der CC in den wenigsten Fällen Sinn. Denn sinnvolles CC-Setzen erfordert mehr als nur einen Klick: Es braucht Verstand, Klarheit, Kompetenz – und Verantwortungsgefühl.
Schreiben wie ein Boss.
Oft wollen wir eine E-Mail einfach nur schnell erledigen. Unser Fokus liegt dann vor allem auf der inhaltlichen Richtigkeit – und weniger auf der psychologischen Wirkung unserer Worte. Das Problem? So klingen wir schnell wie eine Hilfskraft statt wie eine Führungspersönlichkeit.
Gerade unter Stress fällt es schwer, die richtigen Worte zu finden. Doch Sprache ist Macht – und die Art, wie wir schreiben, beeinflusst massgeblich, wie wir wahrgenommen werden.
Deshalb lohnt es sich, bewährte Formulierungen und Wortschablonen parat zu haben. Sie helfen, in jeder Situation professionell, klar und souverän zu kommunizieren.
Hier einige Ansätze, die deine Wirkung sofort steigern:
Wenn du dir mit der Antwort Zeit lässt:
Hilfskraft-Stil: Sorry, für die verspätete Antwort.
Boss-Stil: Danke für Ihre Geduld.
Terminvereinbarung:
Hilfskraft-Stil: Wann würde es Ihnen am Besten passen?
Boss-Stil:Können Sie am ...., um .... ?
Wenn du jemandem geholfen hast:
Hilfskraft-Stil: Kein Problem. Gern geschehen.
Boss-Stil: Ich freue mich, Sie zu unterstützen.
Bei Unklarheiten:
Hilfskraft-Stil: Hoffentlich machen diese Ausführung Sinn für Sie?
Boss-Stil: Geben Sie Bescheid, falls Sie Fragen haben.
Einen Statusbericht einfordern:
Hilfskraft-Stil: Ich wollte nur mal kurz nachfragen, ...
Boss-Stil: Wann kann ich ein Update erwarten?
Eingeständnis Fehler:
Hilfskraft-Stil: Sorry, mein Fehler. Das habe ich völlig übersehen.
Boss-Stil: Gut erkannt. Korrektur im Anhang. Danke für die Info.
Höflich bleiben – aber effektiv schreiben.
In der schriftlichen Kommunikation sind es oft Kleinigkeiten, die eine grosse Wirkung haben. Viele versuchen, mit umständlichen Formulierungen besonders höflich zu wirken. Doch zu viel Höflichkeit führt oft zu aufgeblähten Sätzen, in denen das Wesentliche untergeht.
Die Lösung? Präzise, klare Sprache – ohne unnötige Füllwörter.
Verben, Verben und nochmals Verben:
Nominalstil mit Endungen wie -heit, -keit, -sam wirkt schwerfällig und passiv. Verben hingegen bringen Dynamik in den Text und machen ihn lebendig:
Hilfskraft-Stil: Nach Ankunft und Besichtigung der Verhältnisse, war mir der Sieg gelungen.
Boss-Stil: Ich kam, ich sah, ich siegte.
Hilfskraft-Stil: Ich bitte Sie, mir eine Bestätigung des Termins zu senden.
Boss-Stil: Bitte bestätigen Sie mir den Termin.
Hilfskraft-Stil: Die Durchführung der Analyse erfolgte durch unser Team mit hoher Sorgfalt.
Boss-Stil: Unser Team analysierte die Daten sorgfältig.
«Sie» statt «ich»:
Bereits in der Schule haben wir gelernt: Eine Nachricht mit «Ich» zu beginnen, ist nicht ideal. Warum? Weil es die Perspektive verschiebt – weg vom Empfänger, hin zum Absender. Doch in der geschäftlichen Kommunikation geht es nicht darum, was ich tue, sondern darum, was der Empfänger wissen oder tun soll.
Eine empfängerorientierte Formulierung sorgt dafür, dass die Botschaft klarer, direkter und professioneller wirkt:
Hilfskraft-Stil: Beiliegend sende ich Ihnen das gewünschte Dokument mit der Bitte um Prüfung.
Boss-Stil: Sie erhalten das Dokument mit den Monatszahlen. Bitte prüfen Sie diese bis Freitag. Besten Dank.
Doppelpunkte verwenden:
Ein Doppelpunkt erzeugt Spannung. Er schafft eine gezielte Sprechpause und erzielt Aufmerksamkeit für das, was nach dem Doppelpunkt folgt:
Hilfskraft-Stil: Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass diese Aktion nur noch bis Ende Woche dauert.
Boss-Stil: Denken Sie daran: Freitag ist Einsendeschluss.
Unnötige Ausrufezeichen vermeiden!
Sprachaffine Menschen reagieren hochsensibel auf übermässige Ausrufezeichen – und das aus gutem Grund. Ein Zuviel an «!» wirkt nicht kraftvoll, sondern aufdringlich, emotional oder sogar verzweifelt.
Ein Ausrufezeichen ersetzt keine präzise Sprache. Wer es nicht durch klare, wirkungsvolle Worte schafft, seine Botschaft zu vermitteln, macht sie auch mit einem Ausrufezeichen nicht überzeugender. Vielmehr erinnert es an Marktschreierei – oder schlimmer noch: an einen Hilfeschrei.
Hilfskraft-Stil: Das ist absolut inakzeptabel!
Boss-Stil: Das entspricht nicht unseren Erwartungen.
Hilfskraft-Stil: Das war super!! Das Feedback zur neuen Webseite war überragend!!!
Boss-Stil: Text und Fotos der Webseite sind prima gelungen. Grosses Kompliment!
Also, denke daran: Überlass deine E-Mails nicht dem Zufall. Sei dir immer bewusst, was du damit erreichen willst und welche Wirkung du erzielen musst.
Wenn es dir nur darum geht, eine E-Mail schnell aus deiner Inbox zu verbannen, denk langfristig. Die gleichen Menschen werden immer wieder mit ähnlichen Anfragen auf dich zukommen. Lässt du alles durchgehen, wirst du am Ende dafür zahlen – mit Zeit, Energie und Nerven.
Nimm dir lieber jetzt ein paar Minuten mehr, um deine Texte bewusst zu gestalten. So setzt du klare Signale: Deine Kommunikation ist durchdacht, und deine Zeit wertvoll. Deine Empfänger werden es merken – und sich zweimal überlegen, ob es wirklich nötig ist, dich in den Verteiler zu setzen.
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