Selbstvertrauen hat zwei Aspekte: die Aussenwahrnehmung und das Gefühl.
Die Aussenwahrnehmung bezieht sich darauf, wie andere Dein Vertrauen in Dich selbst sehen. Sie können Dich als selbstbewusst oder nicht selbstbewusst wahrnehmen, basierend auf Deinem Verhalten, Deiner Körpersprache und Deiner Art zu kommunizieren.
Auf der anderen Seite steht das Gefühl von Selbstvertrauen, das nur Dur selbst wahrnehmen kannst. Es ist das tiefe, innere Wissen, dass Du fähig oder unfähig bist, Herausforderungen zu begegnen, Deine Ziele zu erreichen und Deinen Wert zu erkennen. Es ist dieses innere Selbstvertrauen, das auch dann zum Vorschein kommt, wenn Du vor einer Herausforderung stehst, ohne dass jemand dabei zuschaut.
Wenn Du mehr Selbstvertrauen gewinnen möchtest, so ist es entscheidend, an beiden Fronten zu arbeiten und dazu sollten Dir diese folgenden 10 Punkte bewusst sein.
1. Selbstvertrauen ist nicht messbar.
Neulich habe ich jemanden zugehört, der bei einer sehr wohlhabenden Familie zum Abendessen eingeladen war. Und mit wohlhabend meine ich reich, megamässig reich, millionenschwer reich. Dieser Gast war überrascht, festzustellen, dass diese Familie, trotz ihres Reichtums, sich Sorgen darüber machte, ob sie für die Zukunft genügend finanziell abgesichert war.
Die meisten von uns kennen das Gefühl dieser Unsicherheit. Was wird die Zukunft für mich bringen? Habe ich genug Geld auf die Seite gelegt? Was, wenn ich meine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann? Was, wenn ich für meine Familie oder für mich selbst nicht mehr sorgen kann? Wieviel Geld brauche ich wirklich, um ruhig schlafen zu können?
Es scheint paradox zu sein, dass jemand, der Millionen schwer ist, die gleichen finanziellen Ängste um die Zukunft zeigt, wie jemand, der materiell gesehen, ein zigfaches weniger besitzt.
Wieviel Geld braucht ein Mensch, um sich finanziell abgesichert zu fühlen? Während Geld immer quantifizierbar ist, so ist das Gefühl der Sicherheit niemals messbar. Und genauso verhält es sich mit unserem Selbstvertrauen. Wieviel Selbstvertrauen braucht ein Mensch, um sich sicher zu fühlen? Denn ähnlich wie das Gefühl finanzieller Sicherheit ist Selbstvertrauen tief subjektiv und relativ.
Für jemanden, der sein Selbstvertrauen steigern möchte, kann diese Erkenntnis befreiend sein. Weil sie uns zeigt, dass Selbstvertrauen nicht von äusseren Umständen abhängt, sondern von unserer inneren Stärke und unserem Glauben an uns selbst. Ganz unabhängig davon, was wir besitzen, welchen Status wir haben, welche Ziele wir erreichen oder wie erfolgreich wir sind, kann Selbstvertrauen in uns mal stärker, mal schwächer vorhanden sein.
So wie diese wohlhabende Familie lernen muss, dass finanzielle Sicherheit mehr eine Frage der Einstellung als des Kontostands ist, müssen wir alle erkennen, dass wahres Selbstvertrauen von innen kommt und nicht messbar ist.
2. Selbstvertrauen kann vorgetäuscht werden.
Mal Hand aufs Herz, haben wir nicht alle schon in unterschiedlichen Situationen des Lebens uns selbstbewusster gegeben, als wir es tatsächlich waren?
Selbstvertrauen kann auch eine Fassade sein, eine Rolle, die wir spielen, um den Erwartungen der Welt um uns herum gerecht zu werden. Gerade Schauspieler und öffentliche Figuren sind Experten darin, Selbstsicherheit zu simulieren, selbst wenn sie sich unsicher fühlen.
Das ist weder schlecht noch ist es falsch. Es ist sogar eher ein Vorteil, den jeder für sich nutzen kann, der diese Fähigkeit besitzt. Denn es ist nun mal so, dass wir gerade in einem professionellen Umfeld eine bestimme Wirkung auf die Aussenwelt ausstrahlen müssen. Auch dann, wenn uns nicht gerade danach ist.
Wenn beispielsweise in einem Restaurant meine Bedienung private Beziehungsprobleme hat, dann hat sie mein Mitgefühl. Aber als Gast bin ich dankbar, wenn ich davon nichts mitbekomme.
Wenn ich den nächsten Flieger steige, dann will ich nicht eine nervöse Pilotin oder einen völlig verunsicherten Piloten im Cockpit sehen. Ich will das unerschütterliche Gefühl haben, dass ich mich in sicheren Händen befinde. Und die einzige Möglichkeit für mich als Fluggast so etwas zu verifizieren, ist nun mal durch die Aussenwirkung dieser Person.
Alles ist Wirkung. Wir können nicht, nicht wirken.
Und da wir ohnehin ständig auf Sendung sind – immer und überall – kann es durchaus sehr hilfreich sein, wenn wir uns anpassen können und abliefern, was die jeweilige Situation von unserer Rolle verlangt. Daher gehe ich sogar noch einen Schritt weiter und sage:
Selbstvertrauen kann auch dann authentisch sein, wenn es vorgetäuscht wird.
Warum sollte diese Aussage stimmen?
Entscheidend ist das Ergebnis, das erzielt werden muss. Nehmen wir das Beispiel des Restaurants, das ich zuvor erwähnt habe. Als Gast will ich nicht nur Essen zu mir nehmen, sondern ich will ein Erlebnis. Um dieses Ziel zu erreichen, muss jeder Beteiligte seine spezifische Rolle erfüllen. Eine Bedienung, die trotz persönlicher Probleme darauf abzielt, dem Gast dieses Erlebnis zu bieten, erfüllt die Anforderungen ihrer Rolle. Indem sie die Erwartungen an ihre Rolle nicht nur erfüllt, sondern sich auch vollständig mit dieser identifiziert, beweist sie ein authentisches Rollenbewusstsein. Sie demonstriert Selbstvertrauen in ihrer Fähigkeit, die gewünschte Wirkung zu erzielen, und dass trotz persönlicher Schwierigkeiten.
Dieses Engagement für die Rolle – gerade unter schwierigen Umständen – offenbart eine tiefere Schicht von Authentizität, über die leider viel zu wenig geredet wird. Es zeigt, dass die Person in der Lage ist, über ihre persönlichen Herausforderungen hinauszuwachsen und sich in den Dienst einer gemeinsamen Sache zu stellen. So etwas erfordert Integrität. Dieses bewusste Handeln, das in diesem Beispiel darauf abzielt, eine positive Erfahrung für andere zu schaffen, ist ein starkes Zeichen von Selbstvertrauen.
Daher kann das scheinbar «vorgetäuschte» Selbstvertrauen, wenn es konsequent und mit voller Hingabe zur Erfüllung einer positiven Rolle eingesetzt wird, zu einem echten Gefühl der Selbstsicherheit führen. Es wird authentisch, weil es auf der bewussten Entscheidung basiert, über die eigenen Grenzen hinauszuwachsen und sich für das Wohl des zu erfüllenden Ziels einzusetzen.
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3. Eine aufrechte Körperhaltung steigert das Selbstvertrauen.
Hast Du schon mal die neuseeländischen All Blacks bei ihrem rituellen maorischen Haka-Tanz vor einem Rugby-Spiel erlebt?
Wenn ja, dann muss ich Dir diesen Punkt hier nicht weiter in der Tiefe erklären.
Wer an dieser Stelle nicht weiss, wovon ich hier spreche, der sollte das mal googeln gehen. Denn auch, wenn man sich so etwas nur am Bildschirm anschaut, bekommt man von diesem rituellen Tanz Gänsehaut pur.
Die kraftvollen Bewegungen, die lauten Rufe und die intensive Mimik, die den Haka charakterisieren, sind Ausdruck von Stärke, Entschlossenheit und Einheit. Diese rituelle Darbietung erzeugt beim Gegner nicht nur einen gewaltigen Respekt, sondern hilft den Spielern, sich mental auf das bevorstehende Spiel einzustellen, indem sie ihre Selbstsicherheit verstärkt und ein tiefes Gefühl der Zugehörigkeit und des gemeinsamen Zwecks fördert.
Die Ausführung des Haka ist ein grossartiges Beispiel dafür, wie eine aufrechte und kraftvolle Körperhaltung direkt auf unser Selbstvertrauen wirken kann. Durch die Einnahme einer machtvollen Pose, die unsere körperliche Präsenz maximiert, senden wir Signale sowohl an unser eigenes Gehirn als auch an die Menschen um uns herum. Diese Körperhaltung kann tatsächlich unsere Hormonspiegel beeinflussen, den Testosteronspiegel erhöhen (das Hormon, das mit Dominanz und Selbstvertrauen in Verbindung gebracht wird) und gleichzeitig den Cortisolspiegel senken (das Stresshormon). Das führt zu einem sofortigen Gefühl von Kraft und Bereitschaft, Herausforderungen zu begegnen.
Übertragen auf Deinen Alltag bedeutet das, dass die bewusste Anpassung Deiner Körperhaltung – sei es durch das Zurückziehen der Schultern, das Heben des Kopfes oder das Einnehmen einer stabilen Standposition – einen direkten Einfluss auf Dein Selbstvertrauen haben kann. Das ist nicht nur nützlich in Situationen, in denen Du Dich mächtig und selbstbewusst fühlen willst, wie bei Vorstellungsgesprächen oder wichtigen Präsentationen, sondern auch in Deinem täglichen Leben. Denn die Praxis, eine kraftvolle Haltung einzunehmen, kann Dir helfen, Deine Ängste zu überwinden, Deine Stimmung zu verbessern und Deine allgemeine Ausstrahlung von Selbstsicherheit zu steigern.
Die Macht, Dein Selbstvertrauen zu steigern, liegt buchstäblich in Dir selbst – in Deiner Haltung, Deiner Präsenz und in der Art, wie Du Dich der Welt präsentierst. Insbesondere auch dann, wenn Du Dich gerade nicht danach fühlst.
4. Selbstvertrauen ist teilweise genetisch bedingt.
Obwohl die genetischen Grundlagen von Selbstvertrauen noch umfassend erforscht werden müssen und die Interaktion zwischen Genetik und Umwelt sehr komplex ist, legen vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse nahe, dass unsere genetische Veranlagung tatsächlich einen Einfluss darauf haben kann, wie selbstsicher wir uns fühlen.
Aber jetzt bitte bloss keine Panik schieben.
Das heisst jetzt nämlich nicht, dass Deine Gene Dein ganzes Schicksal bestimmen.
Das heisst bloss, dass manche von uns in der genetischen Lotterie mehr Glück hatten als andere. Wobei «Glück» auch hier relativ ist.
Denn die Reise zu mehr Selbstvertrauen für diejenigen unter uns, die sich nicht von Natur aus damit gesegnet fühlen, kann tatsächlich bereichernder sein. Sie ist geprägt von persönlichem Wachstum, von der Überwindung von Hindernissen und der Entwicklung von Resilienz. Jedes Mal, wenn wir eine Herausforderung meistern, jedes Mal, wenn wir unsere Komfortzone verlassen und Erfolg haben, bauen wir unser Selbstvertrauen Stück für Stück auf. Diese Erfahrungen lehren uns nicht nur, an uns selbst zu glauben, sondern auch, mehr Verständnis und Mitgefühl für die Kämpfe anderer zu entwickeln. Der bewusste Aufbau von Selbstvertrauen, ermöglicht uns empathischere Beziehungen zu anderen zu pflegen. Denn indem wir unsere eigenen Kämpfe anerkennen, können wir leichter die Herausforderungen anderer verstehen und unterstützen.
Darüber hinaus bietet die Auseinandersetzung mit unseren Ängsten und Unsicherheiten uns die einzigartige Gelegenheit, ein Selbstvertrauen zu entwickeln, das nicht auf Oberflächlichkeiten basiert, sondern auf der tiefen Kenntnis unserer eigenen Stärken und Schwächen. Dieses Wissen um unsere eigene Verletzlichkeit und die Fähigkeit, trotzdem voranzuschreiten, verleiht unserem Selbstvertrauen eine Qualität, die von aussen nicht immer sichtbar, aber innerlich umso wirkungsvoller ist.
5. Kultur beeinflusst die Wahrnehmung von Selbstvertrauen.
In Geschichten und Erzählungen unserer westlichen Kultur spielen oftmals einzelne Helden die zentrale Rolle. Wir identifizieren uns gerne mit diesen Helden und Heldinnen, weil sie gegen schreckliche Mächte ankämpfen, feindliche Gegner besiegen und dabei stets unerschrocken und selbstbewusst sämtliche Hindernisse überwinden. Diese Helden und Heldinnen zeigen sich oft als unabhängige Individualisten, die erfolgreich ihr Ziel erreichen.
Ein solch kulturelles, westliches Storytelling, prägt und vermittelt uns die Vorstellung, dass eine mutige, selbstbewusste Person tatsächlich alles verändern kann und manchmal sogar die Welt für uns rettet.
Schaut man sich hingegen asiatische Geschichten und Erzählungen an, insbesondere chinesische, so läuft das dort ganz anders ab. Die Heldinnen und Helden in chinesischen Märchen und Legenden verdienen sich ihren Status nicht durch ihre Individualität, sondern durch ihren Dienst an der Gemeinschaft. Anders als im Westen, wird die Person zum Helden gekürt, die sich für andere aufopfert. Also die Person, die sich um die Familie, die Gemeinschaft und das Land kümmert.
Was wir unter einem Helden verstehen, hängt sehr stark davon ab, welche Geschichten und Erzählungen unsere Kultur uns vermittelt. Und dieses Heldenbild hat wiederum einen enormen Einfluss darauf, welche Bedeutung wir Themen wie Mut, Angst, Selbstüberwindung oder dem Selbstvertrauen geben.
Asiaten wirken in ihrer äusserlichen Erscheinung und ihrem Verhalten oftmals eher bescheiden und sehr zurückhaltend, während in westlichen Ländern, der persönliche Erfolg und Individualismus durch ein nach aussen gezeigten Selbstvertrauen im Vordergrund steht.
Indem wir aber erkennen, dass Selbstvertrauen nicht wirklich universell gleich ist, sondern durch den kulturellen Kontext geformt wird, öffnen wir uns nicht nur für das Lernen anderen Kulturen, sondern wir können Zugang zu vielschichtigen Ebenen von Selbstvertrauen gelangen.
Durch die Anerkennung kultureller Unterschiede können wir ein ausgewogeneres Verständnis von Selbstvertrauen entwickeln, das sowohl individuelle Stärken als auch kollektive Harmonie berücksichtigt. Aber ...
6. Es gibt einen Unterschied zwischen Selbstvertrauen und Arroganz.
Genauso wie unterschiedliche Kulturen unterschiedliche Wahrnehmungen von Selbstvertrauen haben, so gibt es auch Unterschiede, was als Arroganz wahrgenommen wird.
Viele selbstbewusste Asiaten könnten leicht unterschätzt werden, wenn sie sich in Erscheinung und Verhalten anders geben, als es in der westlichen Welt für jemanden mit ausgeprägtem Selbstvertrauen üblich ist.
Umgekehrt könnte jemand aus Asien eine Person aus dem Westen, die nach unseren kulturellen Massstäben lediglich selbstbewusst auftritt, als ziemlich arrogant wahrnehmen.
Lautstärke ist kein sicherer Indikator für Selbstvertrauen oder Arroganz, ebenso wenig wie Stille und Zurückhaltung automatisch auf einen selbstbewussten und rücksichtsvollen Menschen hinweisen.
Das zeigt, dass ein schmaler Grat zwischen Selbstvertrauen und Arroganz geht, und dass das eine vom anderen manchmal schwer zu unterscheiden ist.
Denn Kulturelle Vielfalt beschränkt sich nicht nur auf geografische Unterschiede. Selbst innerhalb einer gemeinsamen Kultur existieren zahlreiche weitere Differenzierungen, beispielsweise zwischen Mann und Frau.
Frauen sind mehrheitlich und tendenziell anderes sozialisiert wie Männer. Und Männer wiederum anders als Frauen. Diese Tatsache führt zu enormen Unterschieden in der Kommunikation und den daraus folgenden Konsequenzen in der Wahrnehmung.
So manche Frau empfindet das bestimmte Auftreten eines Mannes sehr schnell als arrogant, während dasselbe Auftreten unter Männern als völlig normal angesehen wird: selbstbewusst und durchsetzungsstark.
Umgekehrt empfindet so mancher Mann das Auftreten einer rücksichtsvollen Frau als eher unsicher und unentschlossen, während dasselbe Verhalten unter Frauen ebenso völlig normal angesehen wird: empathisch, raumgebend und verständnisvoll.
Wir alle wissen, was gemeint ist, wenn wir davon sprechen, dass jemand arrogant ist. Und doch verstehen wir unterschiedliche Dinge, weil wir auch unterschiedliche Nuancen davon wahrnehmen.
Ja, es gibt einen Unterschied zwischen Arroganz und Selbstvertrauen. Aber dieser Unterschied ist nicht immer so klar und so schwarz-weiss wie viele oftmals meinen. Und obschon es sicherlich gewisse Situationen gibt, in der Arroganz für alle gleichermassen offensichtlich wird, so verhält es sich mit der Arroganz mehrheitlich wie mit der Schönheit: Sie liegt im Auge des Betrachters.
7. Selbstvertrauen korreliert nicht immer mit Kompetenz.
Hast Du schon mal Deine Zahnärztin oder Deinen Zahnarzt weiterempfohlen?
Ich hab' das schon gemacht.
Allerdings ist hier die Frage berechtigt: Aufgrund welcher Faktoren kommt eine solche Empfehlung zustande? Denn als Patient, der weder eine Ausbildung noch über Kenntnisse in Zahnmedizin verfügt, kann meine Empfehlung nicht wirklich auf fachlicher Kompetenz basieren.
Worauf basiert sie also dann?
Was ich in solch einem Fall als Kriterium anwende, hat nichts mit der eigentlichen Kompetenz zu tun, die eine bestimmte Aufgabe erfordert, sondern mit der «wahrgenommenen Kompetenz» von Nebenschauplätzen.
Das heisst, ich bewerte eher Faktoren wie zum Beispiel das Erscheinungsbild und das Auftreten meiner Zahnärztin. Wirkt sie selbstbewusst und kompetent? Oder wirkt sie vielleicht eher unsicher und unfreundlich? Wie werde ich empfangen? Wie sieht es mit den Wartezeiten aus? Was vermittelt mir das Ambiente? Wie ist die Energie in der Praxis? Wie hygienisch und modern ist die Ausstattung? Wie werde ich durch den Prozess der Behandlung geführt? Und ja natürlich: Wie schmerzhaft ist das ganze Prozedere? Und so weiter und so fort.
Mit anderen Worten, ob meine Zahnärztin tatsächlich fachlich kompetent in ihrer Arbeit ist, kann ich nicht bewerten, weil mir dazu die nötige Qualifikation fehlt. Aber ich kann durchaus bewerten, wie ich mich bei meinem Zahnarztbesuch gefühlt habe.
Diese wahrgenommene Kompetenz ist entscheidend, weil sie oftmals wichtige Entscheidungen in unserem Alltag beeinflusst. Nicht immer liegen wir mit unserer Wahrnehmung richtig. Im Fall meiner Zahnärztin hat sich das über die Jahre bewehrt und bestätigt. Aber in manch anderen Fällen habe ich mich schon gewaltig getäuscht. Weil da vielleicht jemand selbstbewusst und kompetent in der Aussenwahrnehmung aufgetreten ist, sich jedoch später trotzdem als inkompetente Niete herausgestellt hat.
Das mag jetzt an dieser Stelle vielleicht wie ein Widerspruch zu Punkt 2 klingen, wo ich gesagt habe, auch vorgetäuschte Kompetenz kann authentisch sein.
Nein, es ist kein Widerspruch.
Denn Authentizität – in diesem Kontext – ist noch kein Qualitätsmerkmal.
Authentizität besagt nur, dass es echt ist, dass es vom Ursprung kommt, dass es von der originalen Quelle stammt. Mit anderen Worten, dass es von einer bestimmten Überzeugung kommt. Und was bedeutet das? Es bedeutet gar nichts.
Es gibt nämlich auch so etwas wie die Selbstüberschätzung der Inkompetenten. Diese Leute können zum Teil sehr selbstbewusst auftreten und überzeugend erklären, warum eins plus eins drei ergibt. Dabei erledigen diese Leute oftmals zwei Fliegen auf einen Schlag. Zum einen, indem sie sich selbst und ihre Fähigkeiten komplett überschätzen und gleichzeitig indem sie die Leistungen anderer völlig unterschätzen.
Die Tragödie bei dem ganzen ist: Es ist diesen Leuten nicht einmal bewusst, wie verpeilt sie sind. Und gerade dieser Umstand macht ein solch verpeiltes Verhalten nicht weniger authentisch, sondern einfach nur tragisch.
8. Selbstvertrauen kann ansteckend sein.
Denken wir nochmals kurz an die zuvor erwähnten All Blacks mit ihrem Haka. Wer sich diesen Haka ansieht, kann dabei nicht einfach entspannt im Sessel sitzen bleiben. Da passiert etwas mit Dir. Die Kraft und Energie, die diese Körpersprache aussendet, ist enorm ansteckend und gibt einem selbst das Gefühl unbesiegbar zu sein, so dass es Dich buchstäblich aus dem Sessel reisst.
Aber Selbstvertrauen muss nicht immer laut und auffällig sein. Es kann sich auf vielfältige Weise offenbaren und kann auf unterschiedliche Arten ansteckend sein.
Ich hab' da mal für einen Mann gearbeitet, der der Inbegriff von Coolness war. Und mit cool meine ich jetzt eher so etwas wie tiefenentspannt, selbstbewusst und zuversichtlich; und dass gerade auch in Situationen, wenn die Kacke so richtig am Dampfen war. Im Auftritt genau das Gegenteil der All Backs: weniger furios, weniger theatralisch, weniger laut.
Während ich in so manchen Situationen hyperventilierte, nach Luft rang und mich in der Hektik zu artikulieren versuchte, blieb mein Boss stoisch gelassen. Er stelle dann jeweils nur Fragen – langsam, überlegt und lösungsorientiert. Eine Frage nach der anderen. Keine Antworten. Keine Befehle. Kein dies und das. Einfach nur sehr gezielte Fragen.
Dabei bemerkte ich oft, dass seine Fragen sehr beruhigend auf mich wirkten. Und mit dieser Ruhe immer mehr Klarheit in mir zum Vorschein kam. Egal um welche Feuerwehrübung es sich handelte, mit seinen Fragen, seinem selbstbewussten, aber ruhigen Verhalten, brachte er meinen Puls immer wieder runter. Das wirkte nicht nur entspannend auf mich, sondern auch sehr inspirierend. So, dass ich mir jedes Mal wünschte, eines Tages genauso cool zu werden wie er es war.
Rückblickend lässt sich feststellen, dass ich zwar nicht das gleiche Mass an Coolness erreicht habe, wie er es verkörperte, aber dennoch bin ich deutlich gelassener geworden. Diese Veränderung verdanke ich vor allem der ansteckenden Wirkung seines Selbstvertrauens auf mich. Es motivierte mich, mich verstärkt auf die Aspekte meines Lebens zu konzentrieren, die dazu beigetragen haben, dass ich heute ein Stück weit diese Ruhe und Gelassenheit in mir finde.
Daher sollten wir alle nicht vergessen, dass unser Verhalten ansteckend wirkt. Auch ein schwaches und schlechtes Verhalten kann ein Klima vergiften. Und gerade in einem Umfeld, wo ständig miese und schlechte Laune herrscht, sind wir aufgerufen ein Gegenpol zu sein. Das gilt umso mehr, wenn wir in einer Führungsrolle.
9. Vorübergehende Selbstzweifel sind normal.
Batman hat Selbstzweifel. Superman hat Selbstzweifel. Wonderwoman hat Selbstzweifel. Oscar-Gewinner haben Selbstzweifel. Nobelpreisträger haben Selbstzweifel. Supermodels haben Selbstzweifel. Multimilliardäre haben Selbstzweifel. Könige und Königinnen haben Selbstzweifel. Deine Mutter und Dein Vater haben Selbstzweifel. Deine Gross- und Urgrosseltern hatten Selbstzweifel. Warum glaubst Du also, dass Du keine Selbstzweifel haben solltest?
Das Stichwort lautet allerdings «vorübergehend».
Wenn man nur noch vom Selbstzweifel geplagt wird, dann haben wir es vermutlich mit einem anderen Problem zu tun, dass wir hier an dieser Stelle nicht vertiefen können.
Aber «vorübergehender» Selbstzweifel ist gesund.
Es ist gesund, sich selbst von Zeit zu Zeit zu hinterfragen. Es ist gesund zu prüfen, ob der Kurs, auf dem man sich befindet, noch immer für uns stimmt. Es ist gesund manche Beziehungen zu hinterfragen. Es ist gesund, die eigenen Überzeugungen zu hinterfragen. Es ist gesund, wenn man inmitten eines grossen Erfolges Zweifel hat und einem dabei klar wird, dass auch das vorübergeht. Es ist gesund, einfach ein bisschen Demut zu zeigen und zu akzeptieren, dass wir niemals wissen können, was der beste Weg für uns ist.
Selbstzweifel ist wie ein kurzer Pitstop auf der Rennstrecke des Lebens. Man ist unterwegs und biegt irgendwo raus, um sich selber durchzuchecken. Gibt es Dinge, die ich ändern muss? Dinge, die ich vielleicht austauschen, ergänzen oder anpassen muss?
Ein vorübergehender Boxenstopp kann sehr erfrischend sein, auch wenn er sich manchmal eher etwas depressiv anfühlt. Bei manch einem kann sich vielleicht das Gefühl breit machen, dass man vom Leben überrundet wird. Aber es ist nur ein Gefühl. Viel wichtiger ist, den Motor laufen zu lassen. Wichtig ist, sich diesen Boxenstopp ganz bewusst zu erlauben und als das nehmen, was es ist – ein kurzfristiger, zwischenzeitlicher, vorübergehender Unterbruch. Gerade das erfordert von uns Mut und Selbstvertrauen, sich einen solchen Unterbruch zu gönnen.
So mancher Protagonist auf der Rennstrecke des Lebens hat nur deswegen die Konkurrenz überrundet und ist siegreich über die Ziellinie gefahren, weil er sich zum richtigen Zeitpunkt einen Boxenstopp gegönnt hat.
Wir können davon ausgehen, dass unser Selbstzweifel immer zum unpassendsten Zeitpunkt kommt. Genauso unpassend, wie für einen Rennfahrer, der ein Warn-Blinken auf seiner Anzeige sieht, dass ihn darauf hinweist, vom Gaspedal runterzugehen und die nächste Ausfahrt zum Boxenstopp zu nehmen.
Dieses Gefühl ist im ersten Moment selten schön, weil man Angst hat, das Momentum zu verlieren. Schliesslich scheint doch alles so gut zu laufen. Wer aber das Warn-Blinken auf seiner Anzeige ignoriert, könnte gerade damit riskieren, dass seine Strategie am Ende nicht aufgeht.
Also lieber das Blinken des Selbstzweifels ernst nehmen, kurz rausfahren, anpassen, was es anzupassen gibt, und dann weiter fahren.
10. Selbstvertrauen steigert die Lebenszufriedenheit.
Tja, was soll ich dazu noch sagen?
Wenn Du das hier lesen kannst, dann bist Du womöglich alt genug, um selbst bereits festgestellt zu haben, dass das Leben einfach schöner, kräftiger, bunter und inspirierender auf uns wirkt, wenn man mit einem gewissen Selbstvertrauen durch dieses Leben gehen kann.
Selbstvertrauen lässt uns mutigere Entscheidungen treffen. Entscheidungen, die uns wiederum neue Möglichkeiten bieten, die zuvor vielleicht nicht möglich gewesen wären, ohne dieses Selbstvertrauen. Deswegen haben wir vielleicht oft auch das Gefühl, immer mehr von diesem Selbstvertrauen zu brauchen. Weil wir uns dann auch einbilden, dass wir dadurch grenzenlose Freiheit, Macht und Glück erfahren.
Wie mit dem Geld, wann ist genug wirklich genug? Womit wir wieder beim ersten Punkt angelangt wären. Nämlich, dass Selbstvertrauen für uns niemals messbar ist.
Also wieviel Selbstvertrauen braucht ein Mensch, um zufrieden durchs Leben zu gehen? Wieviel ist genug, um die Herausforderung des täglichen Lebens mit Zuversicht anzugehen? Wieviel braucht man, um seine Träume und Ziele zu verwirklichen, oder es zumindest einmal zu versuchen?
Ja, versuchen! Ich denke, genau das ist das Schlüsselwort.
Ich weiss nicht, wieviel Selbstvertrauen ein Mensch tatsächlich braucht, um zufrieden durchs Leben zu gehen. Aber ich glaube, es reicht, genug Selbstvertrauen zu haben, um zumindest einen Versuch zu wagen. Worin auch immer dieser Versuch besteht.
Ich muss nur genügend Gründe in mir selbst finden, warum ich dieses oder jenes in meinem Leben versuchen und schaffen kann. Warum ich Teil der Lösung und nicht Teil des Problems bin. Warum ich heute ein besseres Leben für mich und andere schaffen kann als gestern.
Aber genauso sehr glaube ich, dass zu viel Selbstvertrauen, nicht nur den Verstand eines Menschen vernebeln kann, sondern auch zu gravierenden, unmenschlichen Handlungen führen mag. Ein Mensch, dessen Selbstvertrauen keine Grenzen kennt, ist jemand, der vor nichts Angst hat. Doch ein Mensch, der keine Angst hat und vor nichts zurückschreckt, ist ein Mensch, der riskiert, den Wert des Lebens selbst zu missachten. Und vor solchen Menschen sollte man sich in Acht nehmen.
Daher sage ich, Selbstvertrauen, egal, wie viel oder wie wenig man davon zu haben glaubt, ist ohne eine gewisse Demut in jedem Fall ungesund. Und da, wo Selbstvertrauen und Demut sich die Hand reichen, entsteht genau die Menge an Selbstvertrauen, die jeder Mensch benötigt, um seinen Weg entschlossen, zufrieden und mit Zuversicht zu beschreiten.
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und vermittle eine souveräne Körpersprache.
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