Die Botschafterin sitzt in einer prächtigen, mit dunklem Holz verkleideten Kammer der vereinten Nationen, umgeben von Vertretern aus der ganzen Welt. Sie ist die einzige Frau in diesem Raum – ein einziger heller Fleck inmitten eines Meeres dunkler Anzüge.
Eine Debatte entflammt. Worte fliegen hin und her, kollidieren und verschmelzen in der Luft. Die hitzige Diskussion ist von kontroversen Meinungen und lautstarken Argumenten geprägt. Doch plötzlich, inmitten des tumultartigen Getöses, ergreift ein Vertreter das Wort, dreht sich zur Botschafterin und beginnt mit einer abfälligen Bemerkung: «Ich weiss nicht, für welches Land Sie sprechen, Madam, aber...» Der Mann kommt nicht weit. Die Frau unterbricht ihn sofort. Ihre Stimme ist fest und ihr Blick unerschütterlich als sie zu ihm sagt: «Ich spreche für die Vereinigten Staaten von Amerika.» Ein ehrfürchtiges Schweigen legt sich über den Raum.
Die erste weibliche Aussenministerin der Vereinigten Staaten, ist in diesem Moment nicht nur eine Vertreterin eines Landes – Madeleine Albright ist in diesem Moment das Symbol einer Frau, die umgeben von mächtigen Männern sich weigert, ihre Stimme zum Schweigen bringen zu lassen.
Konfrontation muss nicht mit Aggression gleichgesetzt sein
In der Welt der Führung und des Managements gibt es eine Fülle von Begriffen und Konzepten, die oftmals missverstanden werden. Eines dieser Konzepte ist die Konfrontation. Oftmals wird Konfrontation mit Aggression gleichgesetzt, und das aus gutem Grund. Zu oft wurde Konfrontation als Werkzeug der Einschüchterung und Dominanz missbraucht. Doch das wahre Wesen der Konfrontation, und ihr Wert in der Welt der Führung, liegt weit entfernt von diesen negativen Assoziationen.
Konfrontation in ihrem wahren Sinne ist ein Ausdruck von Mut und Selbstbewusstsein. Es ist die Bereitschaft, schwierige Gespräche zu führen, unangenehme Wahrheiten auszusprechen und für die eigenen Überzeugungen einzustehen. Es ist ein notwendiges Werkzeug zur Klärung von Missverständnissen, zur Konfliktlösung und zur Veränderung ungesunder Dynamiken.
Für Frauen in Führungspositionen kann eine gesunde Konfrontation ein besonders wirksames Instrument sein. In der Welt der Führung begegnen Frauen oft spezifischen Herausforderungen und Hindernissen, die tiefer gehen als blosse Geschlechterstereotypen und vorgefasste Erwartungen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Dynamik zwischen symmetrischer und asymmetrischer Kommunikation.
Verloren in Übersetzung: Wenn dieselbe Sprache in verschiedenen Ebenen anders spricht
Die asymmetrische Kommunikation, die oft als «männlicher» Ansatz gesehen wird, ist hierarchisch und zielgerichtet – sie ist wie ein Pfeil, der direkt auf sein Ziel zusteuert. In diesem Kontext wird Konfrontation als Mittel zur Klärung und Durchsetzung gesehen und daher als legitimer Bestandteil des Konversationsstils betrachtet.
Der symmetrische Kommunikationsstil hingegen, der auf Zugehörigkeit und Gleichheit fokussiert ist und oft als «weiblicher» Stil beschrieben wird, interpretiert Konfrontation eher als Aggression. Dieser Stil ähnelt eher einem Netzwerk aus Verbindungen, in dem Informationen indirekt und diplomatisch ausgetauscht werden. Konfrontation kann hier in diesem System als Bruch mit dem Prinzip der Zugehörigkeit und Gleichheit wirken und daher Überwindung erfordern.
Wesentlich zu verstehen, ist, dass beide Stile ihre Berechtigung haben und keiner von ihnen besser oder schlechter ist. Sie entstammen eher unterschiedlichen Sozialisierungsprozessen und -mustern. Moderne Führungskräfte, unabhängig von ihrem Geschlecht, profitieren davon, sowohl symmetrische als auch asymmetrische Kommunikationsstile zu kennen und zu beherrschen. Ein Verständnis dieser Dynamik und die Flexibilität, zwischen den Stilen zu wechseln, sind entscheidend, um Unstimmigkeiten aufgrund unterschiedlicher Kommunikationsstile zu navigieren und eine effektive Führung zu gewährleisten.
Das bedeutet jetzt jedoch nicht, dass Konfrontation immer die Antwort ist.
Warum die Fähigkeit zur Konfrontation eine hohe Empathie erfordert
Wie jedes Werkzeug hat auch die Konfrontation ihre Zeit und ihren Ort. Es ist genauso wichtig, zu wissen, wann man nachgeben, verhandeln oder kooperieren sollte. Aber in Situationen, in denen die Stimmen von Frauen überhört, marginalisiert oder diskreditiert werden, kann eine gesunde Dosis Konfrontation einen grossen Unterschied machen.
Madeleine Albright behauptete in der geschilderten Situation ihre Position und Autorität auf eine entschlossene, aber nicht aggressive Weise, weil eine effektive Konfrontation, stets auf Respekt und Klarheit beruht, nicht auf Aggression.
Im Gegenteil, erfolgreiche Konfrontation erfordert einen hohen Grad an emotionaler Intelligenz, Empathie und Respekt. Es geht darum, die eigene Position klar und bestimmt zu artikulieren, während man die Perspektive und Würde des anderen respektiert.
Unabhängig vom Geschlecht, ist das Ziel jeder Führungskraft, eine Umgebung zu schaffen, in der alle Stimmen gehört, respektiert und berücksichtigt werden. Die Fähigkeit, Konfrontation effektiv zu nutzen, ist ein Schlüsselwerkzeug, um dieses Ziel zu erreichen. Für Frauen in Führungspositionen kann es ein entscheidender Faktor sein, um ihre Stimme zu erheben, ihren Platz am Tisch zu behaupten und die Veränderung zu führen, die wir in der Welt der Führung sehen wollen.
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